Eibensang

emokratie jetz

Neue Zeiten brechen ab. Duke Meyer hat seine alte Band reformiert. Sie spielt in der Originalbesetzung: Sven Scholz an allen Drums, Karan alles außer Drums, und was ich mache, wird noch nicht verraten. Am Montag steigt unser Comeback in Cairo (auf der Würzburg).

In diesen vorrevolutionären Zeiten haben fähige Strippenzieherinnen aus M.A.F.I.A. (Multiple Anarchistinnen finden intensive Anfänge), CSI (Circus situativer Intelligenz) und ABC (Alphabet) das Management übernommen. Unser Vertrauen in den Euro wäre größer, wenn wir denn noch einen hätten. Als Übergangswährung wird schmutziges Kampfgrinsen akzeptiert. Es gibt eine Geheimwaffe.

Wir haben die Liebe im Gepäck. An jedem gottverdammten Bahnhof lasse ich einen Koffer stehen. Jeder dritte explodiert. Im ersten und zweiten waren wahrscheinlich nur Glaube und Hoffnung. Nicht so explosiv – obwohl die ja bekanntlich zuletzt stirbt.

„Aber jetzt noch nicht.“ (Zitat aus „Gladiator“)

Hey, ihr da draußen an den Bildschirmen! Ihr Verzweifelten und Einsamen und Kranken! Wisst ihr nicht mehr, was uns Charles der Große (Chaplin) im Finale vom „Großen Diktator“ gesagt hat? Das gilt auch für den Kampf gegen die Krisentreiber des Hochfinanzfaschismus! Die Welt wackelt. Wackeln wir mit! Schüttelt eure Mähnen! Sagt nein! Und sagt ja! Aber beides zu den richtigen Sachen!

Ich hab noch eine alte Fahne, die ist schon ganz zerrissen. Aber lässt sich noch hochhalten. Was steht da drauf? „…emokratie jetz !“ Wird schon was bedeuten. Emokratie jetz! Jemand hat draufgekackt. Das muss ich noch abwaschen. Aber dann hoch damit!

Vergesst die Sheets nicht. Die mit den guten Songs. Wir schreiben noch ein paar neue. Nicht, dass wir dann keine haben! Wenn’s drauf ankommt! Und es kommt ja schon. Alles, was du heute wünschst, wird schneller wahr und wirklicher als sonst. Also pass auf, was dir durch den Kopf geht!

Wir kommen. Wir kommen mit Ungeduld und Spucke. Mit Windeln und Rollstuhl. Und immer mit ganzem Herzen. Armee der Alarmierten. Der All-Armierten! Wir sind Legion. Die schweigende Mehrheit bricht ihr Schweigen heute. Occupy Bürgersteig. Occupy Schlagloch. Occupy Castorgleis. Es ist unsere Welt. Wohin können wir, wohin gehören wir denn? Alles Gasriesen und Geröllwüsten außer Mama Globus.

Eine Gitarre hat sechs Saiten. Und jede Flöte soviele Löcher, dass man manche davon sogar zuhalten muss. Einer meiner Freunde ist Drummer. Noch ist er nicht nervös. Aber wehe, wenn sie losgelassen. Sage keiner, wir seien schlecht bewaffnet. Es ist der alte Kampf. Schall gegen Blei. Geschosse zerfetzen Leiber, Gebäude, Verhandlungen und Schönheit. Aber niemals Ideen. Geschosse tragen Tod und Zerstörung in die Welt. Schall trägt Ideen. Immer, wenn Geist im Spiel ist. Geist ist geil! Beim Saturn! (Das ist kein Konzern, sondern ein Gasriese. Ein Herr der Ringe! Die Astrologen zittern vor ihm. Er beherrscht mein erstes Haus. Deshalb quietscht und qualmt es, wenn ich loslege. Ich bin auch ein Riese, einer aus Fleisch und Blut. Ich komme gerannt mit angezogener Handbremse.)

Das blanke Herz in der Hand. Stör dich nicht an seinem Blut, Schöne. Das sind nur Tropfen, die machen Flecken auf dem Teppich. Doch der wird uns sowieso grad unter den Füßen weggezogen. Sei’s drum! Meine Hobbitquanten stehen gut auf Lehm. Sie sind meine gefährlichste erotische Zone: Sie wandern. Von einem Mitstreiter zum andern. Und das geht Mund zu Ohr. Noch drehen Hände Zigaretten. Aber das ist nicht alles, was sie können. Ein Ire namens Patrick christianisierte halb Europa. Auch er ging zu Fuß. Ich laufe von Bahnsteig zu Bahnsteig. Steige aus und ein. Denkt an meine Koffer. Die voller Liebe. Jeder dritte… Ich weiß genau, was ich tu: je älter ich werde… Und ich bin nicht allein!

In jedem guten Menschen, den ich traf – und mich trafen viele – habe ich einen Funken hinterlassen. Diese Funken erkennen einander. Sie vernetzen sich gerade. Das bleiben sie noch, selbst wenn wer das Internet abschaltet. Behindert zu werden, sind wir schon lange gewohnt. Lasst euch ruhig was einfallen. Ich weiß, dass wir siegen. Wenn ich nicht mehr weiterweiß, ruf ich meine Ahnen an. Sitting Bull erzählt mir, wie das damals war. Er ist nicht der Einzige, den es zu rächen gilt. Die Erde dreht sich. Krieg ist nur einen Schuss entfernt. Liebe ist nur einen Kuss entfernt. (Rolling Stones, Gimme Shelter)

Ich stelle den Sound ein für Taavi, einen erst kürzlich geborenen Menschen, der mir am Herzen liegt. Und für Paul, der schon ein paar Monde älter ist. Mein Verstärker ist nach einem grandiosen Entertainer benannt, dessen Vorname Bo war. Meine Liebe zu ihm ist in meinem Fender Twin Reverb, und sein Sex in meinen Fingern, obwohl die erst spät die Gitarre entdeckten. Besser spät als nicht. Ich spiele auch für meine Toten. Aber immer für die Lebenden. Ich bin ein heidnischer Politiker. Ich habe die beste Seilschaft. Sie reicht quer durch die deutschsprachigen Lande, und darüber hinaus. Es gibt einen Stützpunkt in Spanien. Wir sind viele, wir sind stark.

Und wir haben die Liebe. Wir sind ihre Kinder. Wir weinen viel. Irgendein Wasser braucht es ja für die Fahrt unserer Boote! Auf geht’s! Wechselt die Windeln, schmiert die Räder des Rollstuhls! Wir sind die wirklichen Menschen. Die Unretuschierten! Die mit Pickeln, Orangenhaut, Speck zuviel, Hängebrüsten, Schlappschwänzen oder krummen Nasen – egal. Wir sind die Potenz der Wirklichkeit. Und wir begehren einander! Willst du mit mir gehn? Schön! Occupy Laufsteg! Ich rufe hiermit ein neues Casting aus. Zeigt eure Seelen, wirbelt eure Sehnsüchte bis zur Sichtbarkeit über die Bumsköppe der Zahlensklaven, die uns versklaven! Emokratie jetz!

Der neue Laufsteg ist nicht von abgehalfterten Pseudopromis bepublikumt. Farne säumen ihn, Gewächse ranken sich über ihn, mitten durch den Urwald geht er. Eine orangerote Sonne geht auf über ihm, bezwitschert (betwittert?) von abertausenden Vögeln. Das ist meine – nein, nicht Phantasie, sondern: Erinnerung an einen realen, magischen Morgen in meinem Leben. Mal dir eine andere, wenn dir die nicht passt. Wir kämpfen für dieselbe Sache, Freundin, Freund, Schwester, Bruder. Mutter, Vater, Opa, Oma. Enkelin, und auch du, Sohn meines… wie nennt man das? Sohn des Mannes, der meine Geliebte schwängerte. Ich küss euch alle drei, und noch ein paar mehr. Wir gehören zusammen. Ich laufe von Bahnsteig zu Bahnsteig. Rutsch über Gleise. Hinterlasse Funken. Hoffnung auch, hoffe ich. Die ja nicht so explosiv ist. Aber als letzte stirbt. Jetzt noch nicht. Jetzt geht’s erstmal ab. Occupy Terra. Occupy life. Yours! Ours!

Was soll ich noch sagen. One two three. Dreivierteltakt. Für Zeiten wie diese. Ruf ich die Macht. Ahnen, her zu mir! Folgt mir! Im Namen der Donau. Im Namen des Rheins! Stelle ich Sound ein, an einer Gitarre, die mir ein Freund gebaut hat. Mächtige Waffe! Meine sexfeuchte Windel, mein Rock’n’Rollstuhl. Was bin ich? Ein Musikant? Ein Wortschreiber, ein weiblicher Mann, der sein bisschen Testosteron für die Leidenschaft konzentrierte, so dass davon nix übrig blieb für die Scheißsozialisation unter Arschlöchern? Meine Macht ist die Sehnsucht. Sie schreibt sich bei mir nur in Großbuchstaben, und schreiend. Wie ein Kind. Dieses will nicht altern. Es will gesäugt werden und geschaukelt, beruhigt, geherzt und geliebt. Es ist gnadenlos. Lärme, Bo, mein guter Verstärker! Mein Bester! Die bessere Welt ist immer die, kann nur die sein und werden, die wir jetzt grad machen! Krieg nur ein Schuss, Liebe nur einen Kuss weit weg. Ich habe soviele Küsse in petto, mehr als Milliardäre Euros. Sie, meine Küsse, kommen geritten über Tränen, aber sie lachen dabei. Sie kommen auf Flugsauriern geritten, sie sind ganz großes Kino, ohne eine Leinwand zu brauchen, sie kommen direkt aus dem Herzen und landen in deinem. Sie kennen die Route, kennen sie gut. Angezogen vom Ruf der Verzweiflung, wittern sie Morgenluft. Die dunkelste Stunde ist die vor dem Sonnenaufgang. Reich mir die Hand. Eine Armee wird gebildet, findet sich zusammen – wie was, sowenig Speere? Aber es sind die besten. Ich reite die Speere ab, klacke sie an mit meinem Schwert oder meiner Gitarre oder meinem Bass. Was ich rufe, versteht jede/r auch ohne Mikrofon. Meine Kehle ist gut und laut. Sie wurde dafür geschaffen. Mein Taufname war Harald: der dem Heer vorauszieht. Nur Fahnenträger. Aber das kann ich, mach ich. Dank euch, ihr Großen. Es gilt! Emokratie jetz!

Bis die Gespenster, die grässlichen, verrauchen. Die Kleinen besiegen die Überblähten. Wir sind mehr. Wir sind die Personen. Die wirklichen. Die Matrix krackst. Öffne die Augen. Die schmerzen, weil du sie noch nie benutzt hast. Wir sind mehr als Endverbraucher. Wir sind die einander helfende Spezies. Wir gehen so schnell, wie die oder der Langsamste von uns mitkommt. Inklusiv Pausen, und Stützdich, Tragdich. Grins mir zu. Ich kröne dich mit dem Schädel des Höhlenbären, denn du, die du nicht laufen kannst, bist unsere Schamanin. Du rettest den Stamm. Mit deinen speziellen Erfahrungen, die nur du hast. Und mit uns teilst. Für uns einsetzt. Dafür jagen wir für dich mit, und braten dir Futter. Das ist die Art, wie wir überleben. Es immer getan haben, seit Faustkeil 1.0. Und wir lachen zusammen, erzählen uns alle Geschichten, gewinnen neuen Mut. So kommen wir ans Ziel. Zusammen. So geht das. Nur so. Und es geht! Emokratie. Jetz.

2 Reaktionen zu “emokratie jetz”

  1. Kundrie

    Ein bekräftigendes, mutmachendes JOU!
    Und: Her mit den Herzen – weg mit den Nadelstreifen! Das Netz, das aus Liebe, Freude, Mitgefühl gewebt wird, hält. Jeder Waffe stand. Und gerade die Fäden, die unter Schmerzen gesponnen wurden, leuchten am stärksten.

  2. Kai

    So verschieden wir sind, stelle ich einmal mehr fest: Ein Quell der Inspiration bist Du mir allemal und immer wieder !

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