Duke Meyer

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mit einem (andern) auge

ansichten eines odinisten

Es war einmal ein Jahrhundert, mit dem es rapide zu Ende ging. Es war einmal ein alter Mann, der kam wieder und wieder: in wechselnden Gestalten. Es war einmal eine Göttin, die hatte diesen alten Mann geschickt, durch die Zeiten zu wandern. Dies ist die Geschichte von einem, der viele Namen trug, vor dem sich Menschen fürchteten von Zeit zu Zeit, doch zu Unrecht: Denn dieser Mann braucht ihre Hilfe.

Es war einmal ein Rabe. Und manchmal war er ein Wolf. Begonnen hat er als Sturmgeist: vor Anbeginn der Zeiten. Sein Geschäft: zu überleben, und das Überleben zu sichern – wenn´s sein muß, um jeden Preis. Es war einmal ein Hut, der hockte auf einem Bild. Dieses Bild von hominider Gestalt trug einen blauen Mantel und einen Bart so lang wie ein abgestandener Witz.

Lacht, Brüder, lacht vor allem, ihr Herren – aber paßt auf, daß es euch nicht im Halse stecken bleibt, denn ich bin der Diener dieses Mannes, und jetzt ist es an der Zeit der Göttin zu lachen. Und jede Frau, die jetzt lacht (oder auch nur insgeheim grinst), gleicht dieser Göttin. Willkommen, Mädchen Frau und Alte, willkommen jeder Mann, der weiß, wo sein Platz ist in einer weiblichen Welt.

Alles Leben kommt von den Frauen. Das Reagenzglas gilt nicht. Hier ist die Rückkehr der Wirklichkeit, der Natur unserer Leiber, die beseelt sind von Gefühlen – und jetzt werden wir der "virtual reality" mal zeigen, was ein handfester Traum ist.

AAAYYYYYAOHEEEEEEEEEEE! Aber Achtung! Computer träumen nicht. Nur Träume bedrohen die Welt. Deshalb brauchen wir uns nicht zu fürchten vor Computern oder sonstwelchen Maschinen, auch wenn deren vermeintliche Herren meinen, die Welt zu sein. Die dienen Maschinen. Ich aber diene dem Puls der Erde, unserer Großen Mutter. Und wenn der mal das Zwerchfell zuckt, bricht Los Angeles zusammen (as it happened 1994). Soweit zur Zivili-City. Träume sind machtvoll.

So wie Microsoft-Millardär Bill Gates seinen Traum wahrmachte, so kannst auch du deinen Traum leben. Du mußt nur dran glauben: an das was du fühlst. Dich selbst verfolgen (auch wenn´s mal schattig wird). Deinen Weg gehen. Was – dein Weg ist nicht der von Bill Gates? Du willst keine Software? Du willst keine Fenster von Winzigweich? Dann stoß die Tür auf! Die verrostete Eisentür deiner Gewohnheit. Da draußen – abseits der Windows, da herrscht ein anderes Betriebssystem. Da weht der schärfere Wind. Sein Name ist Wirklichkeit. Wodan id est furor. Hut ab, ihr Herren. Fliegt fort, ihr alten Hüte, und nehmt die Zöpfe gleich mit. Und die Krawatten der Börsenspekulanten, dieser verantwortungslosen Shareholder-Value-Pokerfaces. Denen hilft kein Beten. Und schon gar kein Rechner.

Wir melden heute eine neue Aktie an. Die steigt im Kurs. Ihr Wert ist unendlich. Zählt die Sterne! Zählt die Arten! Soviele könnt ihr nicht umbringen, wie wir wiedergeboren werden (und wenn wir Euch als Alpträume heimsuchen müssen)! Aber Achtung, ihr Spötter in den hochgestapelten Spiegelpalästen der Skylines (oder wo ihr sonst eure Mindfuck-Büros haben mögt)! Ihr glaubt, kraft e=mc2 (good old Einsteins Formel, die ihr Ratio-Anbeter noch am wenigsten kapiert habt), die Vernunft gepachtet zu haben. Wer sich aber nur auf den Verstand verläßt, ist bar jeder Vernunft, denn er vergißt die Gefühle. Deren natürliches Werkzeug aber ist die Magie. Und kraft der können die Träume ihre uralte Neigung wiederbekommen: die entschiedene Neigung nämlich, sich zu verwirklichen. Sich zu manifestieren: in der MATERie. Yeah: in der wirklichen Welt! Ha! Ha! Ha-stenichgesehn und schnurlosstracks, wenn´s pressiert. Sing deinen persönlichen Zauber, deine Freude, deinen Wunsch, deine Lust. Das ist der Sinn der Poesie: daß sie rauskommt aus den Herzen. Zu lange war sie eingesperrt in Büchern. Noch stehen Bäume. Such dir einen! Nimm Kontakt auf! Umarme ihn! Blatt für Blatt wird er dich seine Weisheit lehren.

Und so wird es kommen: Wenn wir uns besinnen, wieder beginnen, von den Bäumen zu lernen, gehen die Gurus pleite. Die müssen dann was arbeiten. Am besten erstmal an sich selber. Zur Abwechslung. Unsere Abwechslung aber zeigt sich seit je in der Vielfalt von Farben und Formen: Augen, Haut und Haare sind so verschieden wie Mutter Natur sie mischt. Die aber sagt uns: Wo "made by Mother Nature" draufsteht, das hierarchisiere kein Sterblicher. Im Namen des Gehörnten: Ich kenne nur eine einzige Rasse. Es ist die, deren Blut rot ist. Inguz, die Rune der genetischen Vererbung, hat die Form eines Karos: eines eckig geritzten Kreises. Ein Kreis läßt sich nicht stürzen. Was die Natur zeugt und gebärt, was SIE mischt, stimmt immer. Vielfältig ist ihr Gesang, bunt sind ihre Farben: die der Haut so wie aller möglichen Arten. Wo immer die Liebe hinfällt, da feiert Freyja ihr Fest. Die Früchte aber dieser Freudenfeste gehören jeder Frau, die sie feiert: Sie ist die Göttin. Sie gibt neues Leben, oder sie nimmt es: nach Belieben. Kein Mann rede ihr drein dabei. Soweit zu Paragraph 218. Ciao, Woytila: Auch unter deinem eifersüchtigen Gott gibt es Frauen, die keinen Popanz, ´tschulljung, Popen zum Denken brauchen. Er (dieser Gott) segne sie. (Und mögen sie ihm dafür die Eifersucht austreiben, von wegen "keinen anderen" neben ihm, hihi). Schönen Gruß von meinem Gehörnten übrigens. Er verlangt demnächst Urheberrechts-Tantiemen für das katholische Satans-Outfit (Hörner und so). Und zwar mit Zinsen!

Das Zeitalter der Parteilinien-Relügion als solche geht, zumindest im Abendland, zu Ende. Die Weltreligion Christentum läßt sich nicht länger als Monopol eines Herrn verkaufen. So wie es sich z.B. in Afrika mit traditionellen Geisterkult-Elementen (Voodoo etc.) und in Südamerika dazu mit äußerst weltlichen politischen Komponenten fruchtbar mischt, unterspült die sog. "Esoterik" im reichen Westen das spröde Bollwerk des Katechismus und der vorgebeteten Kirchenlehren – nicht immer nur mit Blödsinn. Durchaus praktisch: von Akupunktur bis Zen! Auch die Wissenschaft wird noch dran glauben müssen: an so einiges. Als erstes sei sie mal geoutet als die heimliche Religion der Materialisten (an ihrem Absolutheitsanspruch – ihrer Ignoranz – sollst du sie erkennen)... Über das enorme Desaster, das sie mit dem kommerziellen (und abgrundtief verantwortungslosen) Gebrauch von Gentechnik anzurichten bereit ist, wird ihr geistiges Monopol ebenso stürzen wie einst das der Katholenkirche über den Hexen-Holocaust. (Denn jenen Exzessen folgte die Aufklärung. Der wir immerhin verdanken, daß ich sowas hier ungestraft schreiben darf: und Du antworten, was Du willst! Diese Freiheit lebe!).

Was die Gen-Industrie betrifft, so hoffe ich nur, daß wir Heutigen nicht von unseren Nachfahren nostalgisch beneidet werden: als eine Generation, die das Wirken von Natur und Technik noch unterscheiden konnte. Noch haben wir viel zu verlieren: Ölpfütze hin und amtlich beglaubigter Zahnstocherforst her. Der Zustand der Natur spiegelt unsere Seelen. In dem Maße, wie ich mein eigenes Inneres ändere, beeinflusse ich das Außen. Das ist Menschen-Macht! Das ist machbar. Und sinnvoll! Was der Gesundheit deiner Natur dient, nützt auch meiner. Letztlich: unserer aller. Eine Welt, der Globus! Konkurrenzlos für alle. Wie dein Körper für dich! Die Menschheit benimmt sich wie ein Junkie, der, dem eigenen Körper entfremdet, sein eigenes Dahinsiechen glorifiziert: Aufstieg und Fall des Homo Sapiens! Was für eine Story. Was für eine Scheiß-Story. Ist mir einfach zu kitschig. Zu hollywood-like. Schmeckt mir nicht. Habe mich anders gepolt. Schreibe meinen Teil anders weiter. Geht´s wem ähnlich?

Zurück zum Ende des Glaubensmonopols im Abendland (wachsende fanatische Islam-Bewegungen sind – meines vorläufigen Erachtens – u.a. eine spirituell-kulturelle Reaktion gegen die Welt-Missionierung durch den amerikanischen "Way of Life". Aber ich möchte mir kein Urteil anmaßen über eine Religion, die ich weit weniger kenne als das post-christliche Sittenbild, in dem ich aufwuchs.)
Ich gestatte mir nur zu glauben: Glaube wird hier wieder zunehmend (und natürlicherweise) zur persönlichen Sache und Verantwortung: Wir bekennenden "Heiden" sind nur ein Teil des wachsenden Stroms (jener, die auf Mama Globus leben wollen anstatt gegen sie). Und wir wollen keine neue religiöse "Parteilinie". Erst recht keine paganische! Entschuldigung: ICH will keine. Ich bin ein Grashalm in der Wiese (verwurzelt wie Unkraut, hoffentlich!) Laß Gedanken ranken in die Welt... Steuerst du deine bei?

Gras wächst, wo es will: Manchmal bricht es durch den Beton. Ich kenne eine alte Eiche in meiner Nachbarschaft, mitten in der Stadt. Wurzeln hat die, daß sie den Asphalt des Bürgersteiges langsam anhebt. Gebe Thor, der Gott der Fußgänger (auch), daß da kein Depp beim Gang zum Bäcker ums Eck drüberstolpert, um dann amtliche Kettensägen zu beschwören... Der Aufwand, den Menschen betreiben, um Natur (Lebensgrundlagen) zu zerstören, ist immens. Lassen wir uns nicht täuschen vom Glanz der schon erwähnten Spiegelpaläste: Hastig hingeklotzter Beton bekommt heutzutage schneller Risse, als gut behandeltes Holz verrottet. Die Datenberge von heute werden morgen unlesbarer Müll sein, was auch etwas über ihren Wert aussagt. Worauf ich hinauswill? Auf haltbarere Werte. Auf Werte, die mehr Halt bieten. Auf Werte, die halten.
Liebenswerte. Lebenswerte. Lebens-Werte.

Im Slang meiner Religion (nachbeten gilt nicht: Jeder schnitze sich selbst eine): rauf auf den höchsten Baum, auf die Welt-Eibe! Von Asgard (erreichbar über jeden besseren Regenbogen – wenn dich Wächter Heimdall vorbeiläßt) hat hex eine ganz gute Aussicht. Von dort aus sind die Gebäude der Resignation alle grau und flach. Und jetzt spring runter! Zurück auf den Boden! Die Taschen voller taufrischer Träume (Nachschub tut not), spring ich vom Regenbogen göttlicher Phantasie hinunter nachhaus – hey, Achtung, ich komme durchs Dach! Feiere fröhliches Ziegelfliegen... Jetzt den Besen eingesetzt: Feg durch den Alltag und banne die Sorgengesichter (als erstes das eigene) durch sonnenhelles Lachen! Was mich lachen läßt? Du kennst wohl meinen Pantheon nicht (prust – oder auch prost, von mir aus)!

Die von mir verehrten Gottheiten haben alle einen Schatten: Der eine hat nur ein Auge, der andere gar keins, der Stärkste hat einen Splitter in der Stirn, dem nächsten fehlt die rechte Hand, den Schönsten haben sie gleich ganz erschossen (so ist das Leben), und die, die alles weiß, die sagt nix... Verdammt noch mal, ich liebe mein spirituelles Behindertenballett: Statt unerreichbare Ideale zu verkörpern, kommt´s genauso fehlerhaft und unperfekt dahergeschlittert wie meinereiner. Die Botschaft des Bildes: Life goes on – trotzdem. Trotz ALLEDEM. Es funktioniert gerade deshalb, weil es NICHT perfekt ist. Sitzt, paßt, WACKELT und hat Luft. Überlebenskünstler in einer feindlichen Un-Welt. Ja, das paßt mir gut. Sie begegnen mir auf der Straße: die Götter von Asgard (und Vanaheim, for damn sure). Natur ist bedroht? Hm, das Leben der Menschheit scheint es. War es im Morgendämmer unserer Vor-Geschichte, und ist es jetzt, am rußigen Abend eines (mehr als eines) verfahrenen Jahrtausends, wieder. Mensch braucht Halt: heutzutage mehr denn je. Persönlichen Halt gibt, womit man/frau sich identifiziert.

Identität – welche auch immer: In Äußerlichkeiten läßt sie sich zwar ausdrücken, aber nicht dauerhaft verankern. Verantwortung fürs eigene Geschick zu übernehmen, ist eine (trainierbare) Fähigkeit, die ein inneres, höchst persönliches Wertegefüge voraussetzt. Je tiefer das aber wurzelt, desto widerstandsfähiger ist es.

Der "Sinn des Lebens" ist immer ein persönlicher. So wenig zu verallgemeinern wie ein Fingerabdruck. Mit den Fingern wirst du geboren (normalerweise). Den Sinn mußt du dir schaffen: selber. Immer. Wer dir seinen als den deinen anbietet, lügt: unveränderliches Kennzeichen von "Gurus".

Woher ich das habe? Von drei Eichen. 70 Kilometer nordöstlich von Berlin. In einem Park. Ein Ritual wollte ich da machen, ich allein, in einer Vollmondnacht. Stattdessen machten die eins mit mir: die drei Bäume. Ich glaubte niemals, daß es die Eichen waren, die sprachen. Aber ein Teil meines Hirns übersetzte meine stumme Wahrnehmung in Sprache. Damit ich verstand.
"Wir sind älter als die Pflanzen, und älter als die Steine." Ich lauschte. Schwieg. Der Mond goß mir sein Silberlicht in den Nacken. Und sie tanzten. Mond, Steine und Bäume. Und dann tanzte ich mit.
Und so, wie ich hinter den Eichen die Götter erkannte, spürte ich hinter den Göttern namenlose Kraft. Und ich begriff, daß Götter wie Muster sind. Kulturelle Schablonen. Spirituelle Steckdosen. Die Kraft fließt in dem Maß, wie das Muster der Archetypen in die persönliche Seele paßt. Bewußt naturreligiös war ich schon länger. Aber damals habe ich meine persönlichen Muster gefunden. Woran ich sie erkannte? Nun, es sollte sich herausstellen, daß sie funktionieren. Ich hatte durchaus nicht das Gefühl, sie mir rausgesucht zu haben. Eher schien es mir umgekehrt. Sie fragten nicht einmal. Sah ihnen ähnlich. Diesen Piraten. Überlebenskünstlern! Mein Unterbewußtsein identifizierte sie plötzlich wie (nein, als!) alte Bekannte. Meine Urahnen haben sie einst gemacht (gilt so rum und andersrum). Die Große Katze, die das Meer Erleuchtende, ihren gehörnten Bruder, und auch den Grauen Wanderer... den Speerträger wie den Einhänder... den starken Donnerer, die Wissende und die aus diesem Wissen Flüsternde, die Gebende, die Erlaubende... den Strahlenden und seinen blinden Mörder... die dunkle Spinnwebverhangene... die Herrin der Tiefe... den Wächter der Traditionen, und den Anarcho-Trickster... sie alle. Wozu weiter aufzählen? Die Liste würde lang und sagt denen wohl wenig, die andere Muster bevorzugen, andere Namen, mit anderen Funktionen. Zu meinen Göttern – subjektivst! – nur soviel: Sie haben den Einfluß der Römer, der Christen und der Nazis überlebt, und sie funktionieren noch immer. In heutiger Gegenwart vielleicht besser denn je. Das ist keine Reklame (meine Religion ist unverkäuflich), sondern einfach mein Dank an die Genannten.

So sitz ich an meinem Computer und hacke Lese-Zeichen. Eine Menge Technik war nötig, diesen spontanen (= unkonstruierten) Sang zu verbreiten. Und ich singe auch ohne. Unplugged? Stromlos!

Nun ja: Statt ein paar Pferde zuschanden zu reiten, nehme ich 300 oder 600 km lang die verdammte Bahn, zerre meinen Runenspeer und meine Trommel mit hinein, den Rest des Weges vielleicht per Taxi, wenn die Zeit drängt (und das Auftrittshonorar es zuläßt). Und die verschwitzen Klamotten im Anschluß wäscht dann die einäugige Maschine. Und keine zweibeinige Sklavin. Soweit zur Nostalgie – und zur Relativität sinnvoll scheinender Mittel. Womit ich sagen will: Ich will die Welt nicht so, wie sie vor ein paar tausend Jahren (?) war. Ideal ist sie nämlich nie. Wenn´s mir auch erheblich auf den Arsch geht, wie sie jetzt ist. Die Differenz liegt dazwischen. Ja, wahrhaftig: Ich stelle mir was vor. Dafür tu ich´s. Die Welt ändern. Wirklichkeit beeinflussen. Eine Heidenarbeit? Natürlich. Vergeßt den Heidenspaß nicht.


text © duke meyer 1998
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