Eibensang

Magische Momente (III)

Drehort Berlin: die früheste Aufzeichnung meiner kleinen Hexenhymne Macht die Nacht hell! So ganz bestimmt nicht wiederholbar: Drittens habe ich dieses postjugendliche Gesicht nicht mehr auf Lager, 😉 zweitens hab ich diese Gitarre (nicht im Bild, aber hörbar) längst verschenkt, und erstens spiele ich heute besser Gitarre (vom Singen ganz zu schwelgen). Dafür folgt als Bonustrack im Anschluss sogar noch der kürzeste Funk Song der Welt: „Tunk die Banane“! Den schwarzweißen Charme der Aufnahmen fing Gaga Nielsen ein, die die Kamera draufhielt und dafür sorgte, dass ich wiederholt lächeln musste, was 2001 nicht meine Art war – es kann sein, dass ich es mir damals angewöhnte. Was sicher eine meiner besseren Entscheidungen gewesen wäre – hätte ich es zwischenzeitlich nicht auch immer wieder mal vergessen. Aber das ist eine andere Geschichte. Die jetzt keine Rolle mehr spielt, weil ich heute wieder häufiger lächle – ob’s aufgenommen wird oder nicht.

Macht die Nacht hell! Der Song – warum nicht skurrile Nebensachen ausbreiten? – brauchte eine nicht genau erinnerte Anzahl Minuten, um getextet und komponiert zu werden – die sich allerdings eine neunjährige Pause leisteten. Nachdem mir 1988 das Riff und die ersten beiden Verse eingefallen waren, ging’s nämlich erstmal nicht mehr weiter – das Fragment landete „auf Halde“. Der Titel stand zwar fest – aber ich wusste partout nicht, was für einen Refrain ich aus der Zeile „Macht die Nacht hell!“ texten sollte… Erst 1997 kamen mir schlagartig sowohl der dritte Vers als auch die erlösenden Refrainzeilen in den (inzwischen heidnisch aufgeheizten) Sinn. Seitdem hat mich dieses kleine Lied durch so ziemlich jede Show, Performance und Formation begleitet, wo sich kleine freche Lieder spielen lassen. Noch heute wird es ab und zu von den Singvøgeln angestimmt. Und wer weiß, vielleicht gelingt mir ja eines Tages doch noch eine knuffige Audioaufnahme davon, die euch (inklusiv jetziger wie künftiger Geliebten: Es gilt immer „sowohl als auch“… 😉 ) vom Hocker reißt. Umso dankbarer bin ich jedoch der lieben Gaga, die es – zumindest atmosphärisch – mit ihrem untrüglichen Stilgespür damals einfing… und darauf bestand, dass ich diesen – ja, diesen und keinen anderen! – Song anstimmte.

Ist nicht so, dass sie keine Auswahl gehabt hätte. Gaga kennt mein Repertoire wie keine andere, und das seit je – auch wenn sie, anders als ich, zuweilen der Meinung zuneigt, dass ich meinen künstlerischen Zenit schon 1983 überschritten hätte und seitdem vergeblich versuchte, an damalige Höhepunkte auch nur entfernt heranzureichen. (Was aber – deshalb erwähn‘ ich das hier – Gaga freisprechen mag vom etwaigen Verdacht, blindlings „Fan“ meines Schaffens zu sein und womöglich unkritisch und allzeit begeistert an meinen Lippen zu hängen, oder sowas in der Art – alles andere als das! 😉 )

Apropos „früher besser“. 😉 Inhaltlich war „Macht die Nacht hell!“ von Anfang an ziemlich retro: Musikalisch verquirlte ich staubigste Rock-Vorlieben von Bluesrock bis Ska, textlich habe ich eigentlich nur den Stil von Altmeister Chuck Berry imitiert – mit allerdings eigenen Inhalten, weshalb es nicht weiter auffällt (vielleicht besteht ja gerade darin die Imitation 😉 ). Der Text wurde mir zum Lehrstück, dass immer „der Ton die Musik“ macht: Zeilen wie die vom „Dreieck“ der Protagonistin, das „nach Wildsau-Fell“ roch, wurden mir – in manch denkwürdigen Diskussionen mit ZeitgenössInnen, deren Gesichter und Namen ich inzwischen leider vergaß – schon vereinzelt vorgehalten, um meinen Text- oder auch gleich Lebensstil als „zu freizügig“ zu diskreditieren – während niemandem auffiel, dass dies der einzige (!) meiner Liedtexte ist, der sowohl eine Paar-Hochzeit im Besonderen als auch die monogame Lebensführung im Ausnähmlichen geradezu preist (wenngleich auch nur als Sprechblase der – mutmaßlich ja wirklich monogamen, dafür aber schön fiktiven – Protagonistin)!

Apropos fiktiv. Die Textidee – ja, ich habe kein Problem damit, in Zeiten mal wieder halber Weltuntergänge (Ukraine-Weltkrise, Fracking, Fußball & Nazionalizmussdasdennsein, TTIP, NSA undsoweiter undsowürg) über jahrzehntealte Zeilen eigener Herstellung zu parlieren (andere posten Katzenbilder auf Facebook – was keine Entschuldigung ist, aber eine Konkurrenz, der ich mich stelle) – ist erstmal gar nicht so fiktiv gewesen. Die feurige Schöne im „Gummikleid“ gab es tatsächlich – sie, groß, blond, hinreißend und außerdem hinreißend, obwohl blond, baggerte mich 1988 unversehens auf einer Vernissage an, und ich war tatsächlich so hin und weg von ihr (der Unbekannten, nicht der Kunstausstellung), dass ich noch in derselben Nacht jene ersten Verse verfasste. Sehnsüchtig seufzend – da ich damals nicht in der Situation gewesen war, die mich beherzt hätte zugreifen lassen dürfen, obwohl ich es weißdiewildsau gewollt hätte (etliche von mir nie Angefasste wissen, wovon ich rede. Die anderen eh auch – denen hab ich’s erzählt. 😉 ). Insofern erklärt sich wenigstens im Nachhinein die extreme „Wartezeit“ bis zur Vollendung des Textes: Ich musste erst Heide werden, um diese kleine Anekdote in ein Happy End münden lassen zu können. Und auch das hat sich in echt so zugetragen – wenixtens so ungefähr. In ganz anderer Besetzung natürlich: eine völlig andere Vampirella (dunkelschön und umso hinreißender) – und mit dem verhinderten Tarzan von früher hatte ich endlich keine Ähnlichkeit mehr. Zumindest, was die Verhinderung betraf. Aber das – ihr ahnt schon – ist eine ganz andere Geschichte.

„Vielleicht aber auch – immer dieselbe…“ (aber das – Kennerinnen merken es bereits – ist ein anderer Song!)… Obigen mag ich demnächst mal wieder spielen – so wie ich heute spiele und singe: Macht die Nacht hell! Und diese geile Hexe, die das Messer unterm Mond zieht – vielleicht bin ich das auch einfach nur selber. Ob ich aber unten nach Wildsau rieche – kein Kommentar. Und nein: Ich heirate nicht mehr. Außer vielleicht zum Spaß. Aber das wäre dann… eine andere. Geschichte.

4 Reaktionen zu “Magische Momente (III)”

  1. duweißt

    würde mich jetzt mal nicht fangirl schimpfen, noch groupie, außer die Rolle würde verlangt (wehe!), trotzdem würde ich diese CD, so sie denn kommen täte, hören und haben wollen. Zudem bin ich auf die Geschichten scharf, wie immer, so als Geschichtensammlerin im Herzen 😉 Die Gelegenheit dazu bietet sich ja immer wieder. Lass uns die Wildsau kraulen 🙂

    (zu obigen Post/Video bekommst du was live zu hören, so du da gesteigerten Wert drauf legst, ansonsten haben wir die Zeit anders zu füllen)

    Krahhhh

  2. Gaga Nielsen

    Aha. So so.
    Nun ist das ja vor allem auch ein historisches Dokument. Der alte Hobel klingt schon ein bißchen nach Sperrmüll. Dass deine Gitarren seither besser geworden sind und auch deine Virtuosität beim Greifen, ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Zur Evolution deines Ausdrucks beim Gesang würde ich sagen: „we agree, that we disagree“. Die rotzige Punk-Attitude fehlt mir, das „Ungewollte“, das dir früher so leicht von der Hand ging. Aber ich will hier nicht unsere Wiener Diskussionen öffentlich fortsetzen. Obwohl die bestimmt außerordentlichen Unterhaltungs- und Erkenntiswert hätten.

  3. duweißt

    jetzt wo es spannend wird, kneift Frau Nielsen. Soso. Aha. 😉

  4. Gaga Nielsen

    Ich kneife zuletzt!
    Gerne verweise ich auf mein Internet-Poesiealbum*, wo ich seit einer guten Dekade unermüdlich unzensiertes Gedanken- und Erinnerungsgut breittrete. Natürlich alles im Rahmen des Vertretbaren. Nicht immer einfach, wenn es andere Menschen betrifft. Konstruktiver Austausch in einem Blog-Kommentarfeld setzt allerdings ein gewisses Mitwirken des Blog-Inhabers voraus. Ist eine Frage der Kultur, was man eben auch unter „Bloggen“ versteht. Man möchte ja auch nicht gegen eine Betonwand reden. Oder schreiben.

    *aka Blog

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