Eibensang

Duke Meyers „Diener der Ekstase“

Furioser Diener der Ekstase
Der Performance-Künstler Duke Meyer bot eine rauschhafte Show

„Der ‚Schlauch‘ in der gut besuchten Galerie Brockovski gleicht am Freitag abend einer Kultstätte: Durchsichtige Wasserschalen mit schwimmenden Kerzen darin bilden einen magischen Halbkreis, hinter dem sich Holztisch, Stuhl und diverse archaische Utensilien sowie Instrumente von der Schamanentrommel bis zur Gitarre befinden.

Ein wild singendes und tanzendes Wesen, halb Faun, halb Rattenfänger mit seinen zerzausten Haaren, zerrissenem Hemd, Löwenzahn am Arm, Buschmesser an der Seite und einem Pferde- (oder Kuh-?)Schwanz am Allerwertesten, kämpft sich barfuß zwischen den Stuhlreihen hindurch. Im magischen Kreis spricht der Berliner Performance-Künstler Duke Meyer mit kräftiger Stimme musikalisch-klangvolle Verse zwischen Naturlyrik und Zauberspruch, gipfelnd in der Beschwörung, daß ‚der Wald über das Land kommen möge‘.

‚Diener der Ekstase‘ heißt die folgende One-man-Show als Gesamtkunstwerk aus Poesie, Theater uhd Musik. Und ‚Diener‘ Duke Meyer verausgabt sich im furiosen Solo auch wirklich bis zur Erschöpfung, um unsere müden, strapazierten Sinne aufzuwecken und zu ungezügelten Phantasien grenzenloser Freiheit an- und aufzuregen. Der Künstler kehrt zu vergessenen Ursprüngen als Magier, Priester und Verkünder zurück, der den entwurzelten Zivilisationsmenschen wieder in Kontakt mit seinen verschütteten Instinkten und Mutter Erde bringen will.

Die eskapistisch untertönte Botschaft, mit tonnenschweren Metaphern, wie etwa dem Körper als ‚Kathedrale singenden Fleisches‘ befrachtet, könnte am Ende nun statt des erhofften neuen Schwungs auch Bauchschmerzen zur Folge haben. Doch von Beginn an hat das Programm einen ironischen (auch selbstironischen) Unterton, der das zuweilen hohe Pathos erfrischend relativiert.

Am stärksten ist Duke Meyer immer dann (und das ist oft der Fall), wenn er mit grimmigem Humor den Irrwitz und die Widersprüche unserer heutigen, ganz normalen Alltags- und Lebenswelt aufs Korn nimmt. Jede(r), der schon einmal einer -in aller wohlanständigen Zurückhaltung -verpaßten Gelegenheit nachgetrauert hat, wird die komische Rage des verhinderten Liebhabers, der nun die Nähe des Begierdeobjekts nur im Konjunktiv erlebt, tatsächlich befreiend nachempfinden können.

Von zwerchfellerschütternder Brillanz ist Meyers virtuose Parodie einer Rockband in Aktion, bei der Macho-Gehabe und Geldgier als einzige ‚Triebkräfte‘ übriggeblieben sind. Das Multitalent rappt eine Talkshow ‚Ärsche am Abend‘ und outet die ‚digitale Onanie‘ des Cybersex als eine Aids fast gleichwertige Seuche contra wahrer Lust und Liebe.

Duke Meyer schreckt wenigstens verbal vor keiner Obszönität zurück, schließlich war gerade diese in der Kunst schon immer eine der mächtigsten Sprengkräfte im Kampf gegen die Hüter verknöcherter Moral. Er besingt das Traumpaar Vampirella und Tarzan, trommelt ‚unkorrekte Wünsche‘ für eine bessere Welt und bezieht selbst das Ende in seine rauschhaften, erotisch-naturmystischen Träume ein.

Nachdem die lange, aber nie langweilige Maxi-Performance nach elf Uhr zu Ende gegangen ist, kommt es in der Galerie Brockovski noch zu einer spontanen, fröhlichen Trommelsession -wie zur Bestätigung dafür, daß Meyers Appell an die ungehemmte Lebensfreude schließlich nicht fruchtlos geblieben ist.“
Fürther Nachrichten vom 26.10.1998

Diener der Ekstase auf der Freilichtbühne
‚Mein Name ist Meyer. Mein Vater war Versicherungsvertreter, meine Mutter Hausfrau‘. So stellt sich Duke Meyer, der Diener der Ekstase, seinem Publikum vor. Doch wer nun eine biedere Vorstellung erwartet, der wird bitter enttäuscht. Denn Duke Meyer zeigt in seinem Soloprogramm die hohe Kunst des Schauspielens. In minutenlangen Monologen teilt er seine erotischen Gedanken und Wünsche mit, unterbrochen werden diese Darbietungen dann von gekonnten Sangeseinlagen, bei denen er sich teilweise auch mit der Gitarre unterstützt. Auf diese Weise zieht er die Zuschauer in seinen Bann, der vieles von den Phantasien Meyers erfährt. Doch Vorsicht: denn die Geschichte ist nur erfunden, wie er mehrmals betont. Sehenswert ist das Soloprogramm allemal, denn Duke Meyer präsentiert sich bei der mystisch-lyrisch-erotischen Aufführung in Höchstform. Wer das Theaterstück verpaßt hat, kann es noch einmal am Dienstag, den 12.09.2000 auf der Freilichtbühne am Schloßturm bewundern.“
Amtliche Kurzeitung der Fichtelgebirgsregion vom 01.09.2000

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