Eibensang

Auf Messers Schneide

Es geht mir wie der ganzen – oder mindestens halben (oder doch drei Vierteln / ?sieben Achteln / fünfzehn Sechzehnteln? der) – Welt: Tanzen auf Messers Schneide ist angesagt. Oder gar Torkeln. Schlittern und Schlingern. Wo war mein Gleichgewicht nochmal abgeblieben? Irgendwo in den Menschenrechten, dem anspruchsvollen Gefüge, aus dem einst das Grundgesetz dieses reichen Landes erwuchs – kennt es noch jemand? Vielen reichte es wohl schon, den Reichtum als gefährdet zu empfinden, um vom hehren Anspruch rasch, allzurasch abzulassen. Der Kampf ums Kleingeld brachte die Kleingeister nach vorn. Alltage, ja ganze Lebensentwürfe gestalten sich inzwischen als Folter nach Vorschrift. Die Bürokraten von heute haben die Sittenwächter vorvergangener Zeiten als vorherrschende Landplage erfolgreich abgelöst. „Alle gegen alle“ hieß ein westdeutscher Szenehit vor rund 34 Jahren – prophetisch wie so manch andere schlechte Science Fiction auch; ich tanzte Pogo drauf wie die anderen und ahnte manches, aber wusste schon damals nicht, was tun.

Inzwischen sind Weltreiche zerfallen, doch nicht das „Ende der Geschichte“ wollte sich einstellen, sondern nur das der greifbaren, der alltagstauglichen Hoffnungen. Meine Gewohnheit, hinter die Kulissen zu schauen, besonders hinter die Fassaden der Gesichter, hat mir das eigene altern lassen. Während es mir mithilfe großartiger Menschen und guter Götter ganz allmählich doch gelang, meinen Charakter zu etwas zu formen, das meinen Namen verdient, trage ich die Jugendsünden einstigen Selbsthasses im eigenen Grinsen spazieren, unfreiwillig: Mein Zahnarzt versucht zu retten, was geht. Er stammt aus Ägypten und ich kenne seine Geschichte nicht, aber er hat was Gescheites gelernt und wendet es an. „Der späte Wurf zählt nicht,“ mahnte mich eine aus früheren Tagen Geliebte kürzlich, aber was soll ich machen? Frühere gelangen mir nicht oder vergingen: Funken vergessener Feuerwerksmomente.

Die meisten Geländer sind zerbrochen; noch wackelnde schwanken zu sehr, um sich auf sie verlassen zu mögen. Seit sich die Totalüberwachung aller Zivi’sationen durch eine besonders paranoide als wahr herausgestellt hat, weiß eins nicht, welche Verschwörungstheorie eigentlich noch mit Fug und Recht als übertriebener Blödsinn bezeichnet werden darf. Ganz hanebüchenen gibt’s ja noch, aber trauen wir den Trudelniveaus noch Untergrenzen zu? Welche und wo? Irgendwie scheint alles möglich. „Das Niveau sinkt allemal, und nur die Fieberkurven steigen,“ rappte ich bereits als Junger, ein gutes Jahrzehnt bevor Deutschrap Thema wurde, doch wie scharf mir spätere Zeilen auch geraten wollten, wusste ich doch nie, was tun. Blind und taub für die eigene Wirkung ritt ich mit schneidender Schwertzunge durch Menschenmengen und hielt mich selbst für höchstens zorngepuderte Zuckerwatte. Nichtmal die Liebe erkannte ich, wenn sie sich mir nicht direkt auf den Schoß setzte. Was sie sogar tat, mehr als einmal. Schön war’s – es half nichts. Ich änderte mich, die Welt aber blieb wie sie war: fremd, verwirrend, unverständlich. Kleinere Verständnisse zwischendurch erwiesen sich als stimmungsbedingte Irrtümer.

Den anerkannten Alien-Status im Personalausweis vorzeigend, klammerte ich mich an meine soziale Nische als Künstler: Beanspruchte nie Sozialhilfe oder sowas, wenn ich auch am Zahnfleisch kroch immer wieder – meine Freiheit, zum Beispiel die des freien Herumschweifens, war mir allezeit mehr wert als jede Versicherung (mein Vater vertickte Letztere professionell; ich verlegte mich auf andere Arten von Magie und Sinnenzauber). Jetzt kämmt die Künstlersozialkasse, bei der ich seit 1986 bin, ihre Schäfchen durch: die unrentablen auszusieben. Ich stehe im Verdacht, zu jenen zu gehören. Sollte ich da rausfliegen, kann ich Hartz IV beantragen. Das wär’s dann gewesen mit meiner Freiheit. Samt meinem Stolz, in einem reichen Land wie diesem aus eigener Kraft zu überleben. Hey, Bürokraten! Wollt ihr’s wirklich drauf anlegen? Wollt ihr noch die letzten Kunstschaffenden in die Reihen der Gedemütigten einprügeln? Obwohl euch das viel teurer kommt? Ach, ich vergaß: Ihr verantwortet ja nichts. Ihr haltet euch nur an die Vorschriften. Schon klar. Ich muss mich um meine Nachschriften kümmern. Da sind noch ein paar fällig.

Der „Islamische Staat“ heißt übrigens nur in D-Land „ISIS“. Niemand von den damit bezeichneten jungen Schlächtern kennt, meine ich, oder inter’siert sich, wage ich unterkühlten Gemüts zu wetten, für eine altägyptische Göttin gleichen Namens. Im Original heißen die „al-Dawla al-Islamiyya fi al-Iraq wa al-Sham“, was in etwa „Islamischer Staat in den Gebieten des Irak und der (soweit nicht klar eingegrenzten, mehr oder minder frei auslegbaren) Levante“ bedeutet. Ich habe kein sonderliches Verständnis – und noch weniger Sympathien – für Schlächter, egal woher sie kommen und was sie „eigentlich“ wollen. Aber es fällt mir immer schwerer, aus der Propaganda, die auf mich einprasselt, Wahrheiten zu destillieren. Was will die jeweilige Nachricht von mir – zu was will sie mich bringen, und warum? Wer profitiert von meiner Meinung? Aber ich verstehe – mehr, als dem Wirtschaftswunderkind eines reichen, privilegierten Landes normalerweise zusteht – Hoffnungslosigkeit. Sie küsste auch schon mein Gesicht und ließ es aschfahlen – zu oft, möchte eins mit „gesundem Menschenverstand“ meinen, um es noch unter die Popstar-Angebote schmuggeln zu können. (Selbst, wenn ich nicht grinse – und damit auch ungewollt zeige, was ich wirklich erlebt habe auch: Fäule. Ungepflegten Selbsthass.)

– Hey, Hel, Herrin des Wandels. Hilf mir. Ich war ganz unten. Hilf mir hoch. Jetzt. Ich der Deine. Ich Liebe Dich. In diesem Moment und für immer. –

Aber vielleicht, Kinder, Freunde, Geliebte und ihr alle noch nicht geistig oder körperlich ganz und gar Sprengstoffgürtelbeladenen, drehe ich den Spieß doch irgendwie nochmal um. Kenne mich doch aus mit Spießen. Stamme von Spießern ab, lief in Kinds- und Jugendzeiten öfter Spießruten als ich je begehrte, und verehre infolgedessen jetzt einen Hauptgott, zu dessen Hauptmerkmalen ein zauberkräftiger Speer gehört. Wollte das Symbol eines solchen vor Jahren mal über Bankgebäude werfen, öffentlichkeitsorientiert, mit Presse und so, aber tat das dann doch nicht. Ich ahne ja manches und weiß nie, was tun. Lernte nur das Wenige, das ich tu, zu verantworten. Und lernte erst kürzlich – unter ganz anderen Umständen – eine Art Bankier kennen. Meine Feinde leben woanders. Verorte sie immer besser: Besiege ich meine inneren, kriege ich auch die äußeren niedergerungen – nicht garantiert alle, aber garantiert nur so. Die Welt ist verdammt noch mal zu kompliziert für Sprengstoffgürtellösungen. Für meine Verzweiflungen finde ich, denke ich, doch noch andere Ventile. Bin ja Künstler. Ob mir die Kasse das glaubt oder nicht. Worum geht’s? Spieße umdrehen. Denkweisen. Reaktionsrichtungen.

Popstar – habe ich genau genommen noch nie probiert. Fühle beste Voraussetzungen. 55jähriger unsportlicher Hüne mit ruiniertem Grinsgebiss. So einen Star hat es noch nie gegeben. Vor den Beatles gab es keine wie die Beatles – genau das gilt ebenso für alle anderen davor und danach. Einer muss den Anfang machen, der erste sein. Was hau ich noch in die Waage? Ich kann schlechter Gitarre spielen als so manch anderer. Hoffe, das zählt – es macht mir nämlich Spaß. Und Spaß muss sein, nicht wahr, Herr Wallenstein? Ich bin hetero queer (in eigentlich umkehrter Reihenfolgerin 😉 ); zu meinen musikalischen Vorbildern zählt ein schwarzhäutiger Sänger, der sich Heulender Wolf nannte (und so klang); zu meinen politischen ein Medizinmann der Hunkpapa-Lakota, der weiland am Little Big Horn den größten Sieg der Amerikaner über jene Massen von Migranten errang (jenen Fanatikern des ASIN – „amerkanischen Staatenbundes im Norden“), die seither den Nordkontinent der Neuen Welt verwüsteten (und nicht nur den) und heute deinen und meinen Postverkehr kontrollieren und auswerten und uns in ihren SSR (Schnellschnellrestaurants) ein weltweit gleichgeschaltetes Food anbieten, das auch zahnlos genossen werden kann: Fast mein‘ ich, es soll uns zahnlos machen. Ich habe auch ohne sowas schon nicht mehr viele natürliche Zähne. Aber noch genug, um mich noch an ein anderes historisches Vorbild zu erinnern: Gandhi.

Dem kann ich insofern nicht vollendet nacheifern, als ich halber Americano bin, kulturell. Meine Musikgeschmäcker sind so. Ich grabe weniger in deutschen Urgründen, die sind nämlich flach (kein Werturteil!), als vielmehr in germanischen (die sind nicht deutsch. Kein Werturteil). Aber einer muss der erste sein. Ich habe noch meine Stimme. Nicht für Wahlzettel. Mehr für die Luft. Für deine Ohren. Hör mir zu. Ich singe morgen meinen Lieblingssong live on stage (lebend auf einer Bühne 😉 ) in Bensheim. Das Städtchen liegt in D-Lands zweitwärmster Gegend. Das Kellertheater heißt „Pipapo“. Schöner Name. Wir machen allerdings alles andere. Und andere Lieder singe ich auch. Aus über zehn Jahren einer Band. Nur ein Trio. Band heißt, oder kann heißen, dass drei völlig unvereinbare Charaktere zusammen was schaffen. Was mehr als die Summe ihrer Teile darstellt. Wir sind alle persönlich an Grenzen. Tanzen auf Messers Schneide. Zwischen unheilbaren Krankheiten – kein Witz, nichtmal Metapher, sondern dröge Wahrheit – und ebensolchen Sehnsüchten. Immer gilt: In hundert Jahren sind wir alle tot. Lasst uns zwischendurch was erleben – und weiterreichen. Zwischen dem Genie Oscar Wilde und dem Fatzke Guido Westerwelle ist durchaus was erreicht worden. Der erste verreckte für sein Schwulsein noch im Steinbruch. Der zweite durfte uns als deutscher Außenminister peinlich werden, wisst ihr noch? Ich gönne es ihm von Herzen: dass egal war, mit wem er sich privat im Bett wälzt/e oder nicht. (DAS war nicht Bestandteil der Peinlichkeiten.)

Die schlechte Nachricht ist: Wir haben etwas zu verlieren. Die Menschenrechte. Die gute Nachricht: Sie sind in der Welt. Der Weg zu ihnen mag lang sein, länger erscheinen als je. Aber niemand, ich schwöre bei den Nornen, niemand bringt sie, einmal ausgesprochen und formuliert, jemals wieder ins Off. Und wenn die Geldscheine zerreißen darüber! Conchita Wurst zeigt es, zahllose Namenlose zeigen es, du zeigst es, ich zeige es, jedes verdammte Eichhörnchen zeigt es. Jede HAND zeigt es, die einer anderen gereicht wird. Und wenn es deine eigene ist! Ergreif sie – ergreif meine. Richten wir uns auf: aneinander. Ist gut fürs Rückgrat. Ist gut fürs Widerstehen – und fürs Einstehen. Fürs Stehen überhaupt. Für unsereiners: die alten Überlebenden der Art, des evolutionär so folgenreichen Einfalls vom aufrechten Gang.

Brauchste Brücke? Nimm die meiner Tränen – kannst deine mitverwenden, und die deiner Lieben –, wenn die Sonne drauf scheint. Nennt sich Regenbogen. Ist Auffahrt zu göttlichen Gefilden.

2 Reaktionen zu “Auf Messers Schneide”

  1. MartinM

    Hey Großer! 😉

    Das sind ja ungewohnt düstere Gedanken von Dir. Was mich beunruhigt, denn diese Gedanken sind klug und für mich nachvollziehbar. Ich verrate Dir nichts Neues, wenn ich hier schreibe, dass ich mitunter ähnlich denke.

    Den Stolz, in einem reichen Land aus eigener Kraft zu überleben, den habe ich mir, Stück für Stück, abgeschminkt. Denn ich weiß, dass ich von den Früchten meiner Kreativität und meiner Neugier nicht leben kann – es sei denn, ich lasse sie stromlinienförmig und marktkonform bändigen.
    Werbetexter und PR-Leute verdienen nicht schlecht, und vom Können her könnte ich es wahrscheinlich sogar. Leider – oder zum Glück? – stehen dieser Option, wie auch der „Code-Monkey“ oder „Verkäufer unnützer Dinge“ zu sein (in diesen beiden Berufszweigen habe ich übrigens Berufserfahrung) – meine „psychischen Probleme“ im Wege. (Die sind Dir bekannt, andere brauchen es nicht so genau zu wissen.) Wichtigster Punkt, ganz lapidar: Bin halt nicht belastbar.
    Arbeitsmarkttechnisch Schrott, für dessen Profil es im Hamburg Raum gerade mal drei offenen Stellen gibt. Trotz „beachtlicher Kenntnisse und Fähigkeiten“ zu viele Vermittlungshindernisse. Jedenfalls, wenn man es mit den Augen eines Arbeitsvermittlers betrachtet.
    Zukunftsperspektive Altersarmut. Hey, Leute, und Ihr wundert Euch, wieso ich immer wieder „depressive Episoden“ habe? Nein, keine Zeit für selbstmitleidiges Gejammer, das übrigens besonders gern jene anstimmen, die auf recht hohem Niveau jammern. „Lerne klagen ohne zu leiden“. Inzwischen gibt es auch in Deutschland eine Partei für diese selbstmitleidigen Jammerlappen. Nennt sich AfD und hat nicht nur die Parteifarbe mit dem österreichischen Vorbild Fpö gemeinsam.

    Nicht die Bürokraten, aber jene, die die Vorschriften und Denkschemata prägen, an die sie sich sich, die oft selbst nur arme Schwein sind, Hamster im Laufrad, sind, legen es, dessen bin ich mir sicher, wirklich drauf anlegen, noch die letzten Kunstschaffenden in die Reihen der Gedemütigten einzuprügeln. Wer nicht systemkonform kreativ ist, soll es eben besser lassen. Dass das viel teurer kommt, ist irrelevant. Denn unangepasste Kreative sind der Alptraum jedes autoritären Systems. Wobei es auf dieser Erde praktisch nur noch autoritäre, sehr autoritäre und totalitäre Systeme gibt.

    Zurück zu mir: Selbstmitleid gestatte ich mir nicht, sie führt zu nichts. Außer, auf die Dauer, zur Selbstgerechtigkeit. Den Selbsthass, den will ich mir auch nicht gestatten, aber der Bursche ist, wie Du ja selber weißt, hartnäckig.
    Selbsthass ist, das ist, jedenfalls im meiner Variante, sehr oft ein diffusser Zorn, der kein „erlaubtes“ Ziel findet, und sich gegen einen selbst wendet.

    Du schreibst, “Alle gegen alle” hieß ein westdeutscher Szenehit vor rund 34 Jahren. Ich kenne ihn – er ist von Slime, und die kennt man als halbwegs politisierter Hamburger und „alter Sack“ meines Jahrganges. Auch wenn man nie Punk war. Er war prophetisch wie so manch andere Science Fiction auch. Du schreibst „schlechte Science Fiction“. Er war keine schlechte SF, er war nur angemessen rotzig, wie Slime bewusst rotzig war. „Deutschland muss sterben (… damit wir leben können)“ – über diesen (nur in zornig-rausgerotzter Form überhaupt erträglichen) Slogan könnte ich nächtelang grübeln und stundenlang reden.

    Gerade die gute, innovative SF der 80er, ich denke da vor allem an den Cyberpunk und an die feministische SF, die war auch prophetisch. In dem Sinne, dass diese Autoren Trends nicht nur einfach fortschrieb (so macht man Prognosen, die in die Hose gehen, denn „die Zukunft“ gibt es, wie ich unter anderem von Dir lernte, ja gar nicht), sondern die Strukturen unter der Oberfläche unserer Gesellschaft erkannten – und sie, gemäß der klassischen Fragestellung guter SF (guter Phantastik allgemein) „Was wäre wenn?“ zuende dachten.

    Ein bisschen Besserwisserei, die nichts besser macht:
    Der “Islamische Staat” heißt nicht nur in D-Land “ISIS”, sondern auch in Amiland. Meines Wissen wurde diese Abkürzung sogar von US-Medien, vor allem dem rechtslastigen „Nachrichten“-Sender FOX-„News“ geprägt. Da FOX-„News“ eine dezidiert christlich-konservative Agenda hat, um es vorsichtig auszudrücken, wird sich dort auch niemand über eine eventuelle Namensgleichheit mit einer ägyptischen Göttin auch nur eine Gehirnzelle bewegt haben.
    Im deutschen Sprachraum hat sich „ISIS“ wohl festgesetzt, weil es im Deutschen so leicht über die Zunge geht – siehe Erfahrungen aus der Werbung:
    zwei Silben, zwei identische Vokale, Anlaut und Ablaut identisch – mit anderen Worten: der ideale Markenname!
    Der Frage, wieso ein Wort, dass eine mörderische und nicht nur meiner Ansicht schwer faschistioden Organisation in den Nachrichten und Talkshow-Diskussionen „leicht über Zunge“ gehen muss, gehe ich nicht nach, aber ich habe den Verdacht, dass jede mögliche Antwort mein Vertrauen in die Massenmedien und leider auch die deutsche Mentalität noch weiter erschüttern würde, als es ohnedies der Fall ist. (Ich würde sogar schreiben: faschistisch, wenn der Begriff nicht oft instrumentalisiert und verdreht worden wäre, denn alle wesendlichen Merkmale des Faschismus – jedenfalls alle Merkmale aus humanistischer und „linker“ Sicht – erfüllt der IS.)

    Das „Schöne“ an Propagandamedien wie „FOX“ ist übrigend, dass ich mir wenige Gedanken darüber machen muss, was will die jeweilige Nachricht von mir will, zu was will sie mich bringen will, und warum. Die Agenda ist in solchen Fällen verdammt deutlich.
    Das war, vor über 25 Jahren, auch der Grund, wieso ich ab und an die (elend landweilige) „Aktuelle Kamera“ im Fernsehen der DDR ansah – da dort die Agenda bekannt war, bargen einige Nachrichten tatsächlich interessante Korrektive zu den an sich vertrauenswürdigeren West-Nachrichten, bei denen die möglichen Agenden eben „Hidden Agendas“ waren – und sind.
    Aber die wenigsten Medien, egal ob USamerikanisch, EUropäisch oder großRussisch, sind so offen einseitig wie FOX.

    Verschwörungstheorien? Ja, so manches, was gestern noch wie eine V-Theorie klang … Aber da lasse ich mich nicht irre machen, und schon gar nicht von irgendwelchen Wahnmachen, äh, Mahwachen einer neurechts-gekaperten „Friedensbewegung“. Bei der Xavier Naidoo, obwohl als PoC (Person of Color), wie man vermuten sollte, nicht zur Zielgruppe nationalistischer Rattenfänger gehörend, Fragemente rechter Verschwörungsideologie in schlecht gereimten, aber (stimmtechnisch) gut gesungenen „Jammer-Soul“ gießt. Und sogar Seit an Seit mit ausgesprochen Nazis auf dem Podium steht. Meiner Ansicht nach ein weiteres Beispiel für die Verblendung und Selbsttäuschung, zu der tiefe Religiösität führen kann. Ja, ich klinge wie ein Kampfatheist. Der ich nicht bin, aber manchmal habe ich den Verdacht, dass ausgerechnet jede Leute, die mich verspotten, weil ich mich dem „Irrationalen“ hingebe und es sogar mit den alten Göttern habe, eine wichtige „Verteidigungsarmee“ für Humanismus und Menschenrechte gegen die „Gotteskrieger“ christlicher wie islamischer Bauart sind. Verbündete mit ähnliche Zielen wohl gemerkt, nicht einfach „Feinde meiner Feinde“. Die – keineswegs trivialen – Diffenrenzen können erst mal warten. Prinzip „Volksfront“ – erkennen, was überlebenswichtig ist. (Gilt auch für die Ökologie – dass „macht Euch die Erde untertan“ eine verdammt schlechte und dem Überleben nicht zuträgliche Idee ist, darin sind wir uns einig.)

    Mit ihnen gemein habe ich auf alle Fälle das feste Vertrauen an ein metaphysiches Kontrukt, wie es die ganz harte Naturalisten nennen, die Vernunft.
    Die sich für mich als Göttin personifiziert, Athena. (Ja, sie gehört nicht zum von mir bevorzugten germanischen Pantheon, und auch im klassisch-griechischen ist sie eine Fremde, die erst von männlichen machohaften Mythendichtern zur Kopfgeburt (buchstäblich) der Vater-Königs-Gottes Zeus gemacht wurde.)
    Ja, ich meine „habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Denke selbst, sonst denken andere für Dich!
    Mit den „neuen Atheisten“ habe ich noch etwas gemeinsam: Den Vertrauen in das, was wir, in Ermangelung eines besseren Wortes, Naturgesetze nennen. Nicht zu verwecheln mit „Wissenschaftsgläubigkeit“ – Wissenschaft ist (na, sollte sein …) der instutitionalisierte Zweifel, und wissenschaftliche Theorien sind vereineinfachte Modelle einer „Wirklichkeit“, die Menschen nie ganz erkennen können.
    Kommt noch ein wenig Lebenserfahrung und „gelernete Lebenserfahrung andere“, sprich „historisches Wissen“ hinzu, lassen sich, mit etwa vernünftigem Nachdenen und Kenntniss der Naturgesetze (und einer Ahnung, was technisch machbar ist, und was nicht) schon mal vier Fünftel der „Verschwörungstheorie“ unter der „Hirnwichs“ ablegen. Nix mit Chemtrails, Reichsbürgertum, Reichsflugscheiben, jüdischer Weltverschwörung, bösen Homos, die unsere Kinder per „Frühsexualisierung“ schwul und lesbisch machen, Epobla als patentierter Bio-Waffe usw. usw. .
    Das restliche Fünftel verdient dann etwas näherer Betrachtung. Dass heißt nicht, dass an denen was dran sein muss. Occams Rasiermesser – sei sparsam mit Annahmen, und die Erklärung, die an wenigsten Annahmen enthält, ist die Beste – ist da ein nützliches Werkzeug, an dem man sich aber auch, wenn man nicht aufpasst, schneiden kann.

    Sehr oft lässt sich das, was wie Verschwörung aussieht, besser als Unfähigkeit bzw. ideologisch bedingte Dummheit erklären – und der hartnäckigen Versuche der involvierten Stellen, zu vertuschen, dass sie unfähig oder ideologiebedingt dumm sind.
    (Siehe NSU – und, im mancher Hinsicht auch NSA!)

    Davon lass ich mich nicht irre machen. Nicht irrer jedenfalls, als ich es sowieso bin. 😉

    Und Du hast Recht: Die Welt ist verdammt noch mal zu kompliziert für Sprengstoffgürtellösungen! Auch geistige.

    Fernknuddel und Gruß an die restlichen „Singvøgel“,

    MartinM

  2. Gaga Nielsen

    https://www.youtube.com/v/JGWGzMK_t1w#t=171%26autoplay=1

    (ist mir gerade per Mail hereingeschneit und passt irgendwie zu euren beiden Texten, schien mir gerade…)

Einen Kommentar schreiben

Html wird rausgefiltert, aber Du kannst Textile verwenden.

Copyright © 2024 by: Eibensang • Template by: BlogPimp Lizenz: Creativ Commens BY-NC-SA.